Ungleiche Paare
Was will die Ausgeflippte mit dem Langweiler? Und was findet die Sportskanone an der Dicken? Ist ein Pärchen optisch sehr verschieden, erntet es dafür in der Öffentlichkeit oft Blicke und Kommentare. Wie gehen ungleiche Paare mit Vorurteilen um?
Der eine dick, der andere Modelmaße, der eine zwei Meter groß, der andere 1,50 Meter, der eine bildschön und der andere – nun ja – weniger. Sehen Paare sehr unterschiedlich aus, ziehen sie viele Blicke auf sich. „Was will die denn mit dem Dicken? Die ist doch viel zu gut für den!“, heißt es dann. Oder: „Der alte Greis hat bestimmt Geld, sonst wäre sie nicht mit ihm zusammen.“
Gefeit vor den Vorurteilen ist so gut wie niemand. Das sei normal, sagt Dietmar Bittrich, der ein Buch über ungleiche Paare geschrieben hat. „Wir erwarten Harmonie, das ist eine grundsätzliche Sehnsucht.“ Ausdrücke wie „die andere Hälfte“ verdeutlichen das Streben nach Harmonie: „Damit wird ausgedrückt, dass die Hälfte nicht so anders sein kann“, erklärt Bittrich.
Ungleiche Paare im Alltag eher selten
Studien belegen, dass Menschen sich ähnlich attraktive Partner suchen. Ungleiche Paare seien – gemessen an den Alltagserfahrungen der meisten – nicht die Regel. Und deshalb schauen viele Menschen hin. Für die Paare selbst kann das unangenehm sein. Ständig spüren sie Blicke, im schlimmsten Fall kommen noch Kommentare hinzu.Dabei sollte man sich nicht in Rechtfertigungsdruck bringen lassen.
Sprüchen kontern, Arm in Arm gehen
Gegenüber der Außenwelt gilt deshalb: ignorieren oder kontern, nicht rechtfertigen. „Da kann man nicht anfangen zu diskutieren“, sagt Bittrich. Für das Kontern empfehlen die Experten, sich als Paar gemeinsam ein paar Sprüche zu überlegen.
Und sie müssen verstehen: Die Blicke und Kommentare gründen auf einem Problem der anderen, einem falschen Vorurteil. Sie gehen von einem Merkmal aus – der Optik – und schlussfolgern daraus, dass auch der Rest nicht passt, erklärt Wacker.
Bei den Freunden ist die Lage wieder etwas anders. Von ihnen können sich die Partner anhören, was sie zu sagen haben – darauf eingehen müssen sie deshalb aber nicht.
Öffentliche Ablehnung fördert Selbstzweifel
Ungewöhnliche Paare ziehen oftmals die Blicke auf sich.
Probleme entstehen erst dann, wenn sich die ständigen Zweifel von außen („Die passen aber nicht zusammen!“) in die Beziehung schleichen. „Niemand ist unabhängig von den Urteilen anderer“, sagt Bittrich. „Wenn Risse da sind, werden sie zu Spalten vertieft.“ Bestehen bei einem Partner also ohnehin schon Selbstzweifel, können sie durch die wahrgenommene öffentliche Ablehnung gefördert werden. Daraus resultieren beispielsweise Minderwertigkeitsgefühle gegenüber dem Partner.
Helfen kann hier nur, was banal klingt: reden. Im Gespräch müssen die Partner einander deutlich machen, was sie am anderen wertschätzen – und dazu können insbesondere die Unterschiede zählen. Wichtig ist, zwischen Unterschieden und Gemeinsamkeiten eine Balance zu halten.Der von außen so stark wahrgenommene optische Unterschied ist dann nur ein Punkt von vielen.
Gegensätze können erotisch wirken
In diesem Zusammenhang wird auch von einem Austausch an Ressourcen gesprochen. Jeder bringt etwas mit, was für den anderen attraktiv ist. Genau das muss man sich gegenseitig bestätigen, damit die Zweifel von außen nicht zu Selbstzweifeln werden. Anderssein hat einen gewissen Preis, kann aber auch eine gewisse Stärke zeigen.
Die erotische Anziehung kommt aus den Gegensätzen, die Haltbarkeit kommt aus der Gleichheit. Wichtig sei, dass Einstellungen und Lebensstil weitgehend harmonieren. Letztlich tritt die Optik neben Faktoren wie Weltanschauung und Humor in den Hintergrund.
Und auch die Außenwahrnehmung wird mit der Zeit weniger bedeutsam. Die Blicke der anderen seien am Anfang am schwierigsten, beschreibt Bittrich. Dann gewöhnt sich das Paar daran. „Das ist natürliches Wachstum.“ Im besten Fall kommen Paare irgendwann an den Punkt, an dem sie über die Vorurteile der anderen lachen können – und das steigere wiederum das Selbstbewusstsein der Partner.